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Das mittelalterliche Alte Rathaus von Regensburg mit Reichssaalgebäude und Portalbau am Rathausplatz sind der Sitz des Oberbürgermeisters. Die Gebäude beherbergen aber nur einen kleinen Teil der Stadtverwaltung von Regensburg, darunter das Standesamt. Die restlichen Ämter der Stadtverwaltung mit dem Bürgerbüro befinden sich im Neuen Rathaus am ca. 500 m östlich entfernten Dachauplatz. Im südwestlich an das Alte Rathaus anschließende Reichssaalgebäude findet sich neben dem Reichssaal im Obergeschoss die Touristeninformation im Erdgeschoss. Über den Portalbau gelangt man in das Museum zur Geschichte der Regensburger Reichstage, das die meisten Räume im Innern des Alten Rathauses umfasst.
In der Barockzeit entstanden Erweiterungsbauten am östlich an den Rathausplatz anschließenden Kohlenmarkt, nachdem dort 1706 der ehemalige Marktturm, abgebrannt war. Nach Fertigstellung der Erweiterungsbauten war östlich der Neubauten ein kleiner Platz entstanden, der heute Zieroldsplatz genannt wird und südlich in den mit einem Brunnen bestückten Kohlenmarkt übergeht.
Entstehung und Nutzung
Der älteste Teil des heutigen Gebäudekomplexes mit dem noch heute erhaltenen achtgeschossigen, 55 m hohen Ratsturm und den viergeschossigen Anbauten ist das eigentliche Alte Rathaus. Es wurde Mitte des 13. Jahrhunderts im Typus der Hausburgen der Patrizier errichtet. Der Bau entstand unmittelbar westlich der Nordwestecke des ehemaligen Römerkastells am heutigen, Kohlenmarkt und damit ganz in der Nähe des westlichen Kaufmannsbezirks. Der hohe Ratsturm setzte in der Stadtsilhouette einen deutlichen Akzent. Im Jahr 1360 brannte der Turm aus, wurde aber bis 1363 wieder hergerichtet. Im Erdgeschoss des Turmes bietet ein großes Stichbogentor Zugang zu einer Torhalle und zum anschließenden inneren Rathaushof. Dort steht der Venusbrunnen des Regensburger Bildhauers Leoprand Hilmer von 1661. Die übrigen Figuren im Innenhof waren ursprünglich als Schmuckfiguren für die Portale der 1632 fertig gestellten Kirche zur Heiligen Dreifaltigkeit vorgesehen, konnten jedoch dort nicht aufgestellt werden, weil sie zu groß geraten waren.
Das südwestlich an den Rathaus-Tor-Turm-Bau angebundene zweigeschossige Reichssaalgebäude, das beim Gang zum Rathaus zuerst in den Blick kommt, wurde um 1320/30 als ursprünglich freistehendes Versammlungsgebäude errichtet und war im Untergeschoss als mehrschiffige Halle angelegt. Der heute als Reichssaal bezeichnete Saal im Obergeschoss war damals als städtischer Tanz- und Festsaal gedacht und war ursprünglich nur über eine Außentreppe erreichbar. Der Portalbau mit Treppenhaus und Vorhalle zum Reichssaal entstand nachträglich um 1408 und wurde 1564 nochmals baulich verändert. Erst seitdem ist das Reichssaalgebäude mit dem Alten Rathaus baulich verbunden. Das spätgotische Spitzbogenportal mit den Stadtschlüsseln und den beiden geharnischten und bewaffneten Halbfiguren, genannt Schutz und Trutz, die die Wehrhaftigkeit der Stadt symbolisieren, ist zu einem Wahrzeichen von Regensburg geworden.
Als im 16. Jahrhundert Regensburg mit Reichssaal und Rathaus bevorzugter Tagungsort der Reichsversammlungen wurde, präsentierten sich die Gebäude an der West- und Nordseite des Rathausplatzes als ein Konglomerat von Häusern und Türmen aus unterschiedlichen Entstehungszeiten. Wahrscheinlich deshalb entschloss sich der Rat der Stadt, mit Hilfe eines umfangreichen Bildprogramms dem gesamten Gebäudekomplex und auch den Marktturm am heutigen Zieroldsplatz mit einer Fassadenmalerei ein einheitliches Erscheinungsbild zu geben. Den Auftrag bekam der Maler Melchior Bocksberger, der die Malereien in den Jahren 1573/4 für 2533 Gulden anfertigte. Heute haben sich von den Malereien keinerlei Reste enthalten, jedoch wurden die Entwurfszeichnung um 1900 auf dem Dachboden des Reichssaals aufgefunden.
Wenn während der Reichstage der Kaiser anwesend war nutzte er den hochgotischen Erker an der Fensterfront des Reichssaales, um sich den Bürgern zu zeigen und Huldigungen entgegenzunehmen. Ab 1594 fanden die Reichstage nur noch in Regensburg statt. Ab 1663 tagte der Reichstag als Immerwährender Reichstag im Reichssaal und in den angrenzenden Beratungssräumen der verschiedenen Kollegien.
Nach dem Ende des Heiligen Römischen Reichs mit dem Reichsdeputationshauptschluss stand der Reichssaal mit seiner imposanten gotischen Holzbohlendecke leer und wurde nach 1806 als Depot und Lagerraum genutzt. Ab 1869 wurde unter Berufung auf das nationale Gewissen eine Renovierung des Reichssaals angemahnt. 1904 befasste sich der bayerische Landtag mit dem Fall und bemängelte das fehlende historische Verantwortungsbewusstsein der Regensburger Stadtväter. Es hieß, dass es im Reichssaal wie in einer Scheune aussähe, was eine Schande für das Deutsche Reich sei. Daraufhin fasste der Regensburger Bürgermeister Hermann Geib den Beschluss, den Saal renovieren zu lassen. Die Finanzierung des Vorhabens erwies sich als schwierig und erfolgte schließlich über eine Lotterie, die in allen deutschen Staaten durchgeführt wurde und sehr erfolgreich verlief. Die Sanierung konnte durchgeführt und 1910 abgeschlossen werden. Eine weitere Sanierung der Holzdecke erfolgte 1975/76.
Heutiges Aussehen
Dem frühgotischen Alten Rathaus mit Rathausturm, Rathaushof und Reichssaalbau ist im Osten das barocke Rathaus mit dem Neptunhof angegliedert. Die zugehörigen Gebäude entstanden schrittweise in mehreren Perioden. Bereits nach 1440 und um 1600 waren Erweiterungsbauten östlich des Ratsturmes entstanden. Dort hatte der Rat der Stadt Grundstücke aufgekauft in der Nähe des 1347 erstmals erwähnten Marktturms. Die Nutzung der Räume im Alten Rathaus durch die Reichsstände am Immerwährenden Reichstag machte weitere Erweiterungsbauten nötig, die sich nördlich an den Marktturm anschlossen. 1660/62 wurde dort der der Ostflügel des Barocken Rathauses gebaut. Nachdem 1706 der Marktturm abbrannte und abgebrochen wurde, entstand 1721/23 auf seinen Grundmauern der Südflügel des Barocken Rathauses mit dem von toskanischen Säulen gerahmten Portal zum heutigen Ratskeller. Über den Portalen der beiden Flügel finden sich die den jeweiligen Bauzeiten entsprechenden Jahreszahlen 1661 und 1722 und allegorische Frauengestalten für die Tugenden Glaube (Monstranz), Friede (Palmzweig), Gerechtigkeit und Klugheit.
Das Museum wurde 1963 im Reichssaalbau und in den historischen Räumen des Alten Rathauses eingerichtet, in denen von 1663 bis 1806 der Sitz des Immerwährenden Reichstags war. Heute ist das Reichstagsmuseum als „document Reichstag“ eine Dauerausstellung, in deren Mittelpunkt die Bedeutung des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation für die deutsche und die europäische Geschichte steht und in Beziehung zur Stadtgeschichte gesetzt wird.
Das Museum umfasst den Reichssaalbau und andere sehenswerte Räume. Darunter:
- Kurfürstenkollegium, Beratungszimmer der Kurfürsten. Vorher: Ratsstube für die Sitzungen des Inneren Rates der Stadt.
- Kurfürstliches Nebenzimmer, geheimes Beratungszimmer der Kurfürsten und Standort des angeblich originalen „Grünen Tisches“. Vorher: Raum für reichstädtische juristisch gebildete Ratskonsulenten.
- Blauer Saal, Vorraum zum Kurfürstenzimmer.
- Reichssaal, einer der bedeutendsten Profanräume des Mittelalters mit erhaltener Holzdecke, Dekorationsmalerei des 16. Jahrhunderts und Kaiserthron
- Fürstliches Kollegium, erbaut 1652 für den Reichstag von 1653, mit barocker Fürstentreppe, erbaut von 1652 bis 1655
- Fürstenzimmer, Beratungszimmer der Reichsfürsten. Fürstliches Nebenzimmer, geheimes Beratungszimmer. Vorher: reichsstädtische Gerichtsstube
- Reichsstädtisches Kollegium, Sitzungszimmer der Vertreter der Reichsstädte
- Wachtkammer der Gerichtsdiener mit Schwertern und Halseisen
- Fragstatt, Verhörraum mit Folterwerkzeugen
- Armesünderstube, Todeszelle für Verurteilte
- Dollingersaal, wurde 1964 nach Abbruch des Dollingerhauses 1889 mit Zwischenstation im Erhardihaus hierher transferiert. Zu sehen ist bedeutende frühgotische Profankunst. Reliefs unter anderem mit einer Turnierszene aus der Dollingersage
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Lena Schabus, Fassaden, 2020, Bildcomposing
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